
manchmal muss man sich als Abgeordneter entscheiden: Geht’s mir um einen absoluten Punkt – oder um das große Ganze? Ein Musterbeispiel für dieses Dilemma liefert die Diskussion um das Rentenpaket. Die große Mehrheit meiner Fraktionskollegen ist inhaltlich mit mir bei der Jungen Gruppe, keinen Deut mehr im Rentenpaket zu machen, als im Koalitionsvertrag vereinbart war. An dieser Stelle möchte ich auch für die jungen Kolleginnen und Kollegen eine Lanze brechen: Die Junge Gruppe hat in Form und Inhalt Maßstäbe in dieser Diskussion gesetzt, die angesichts dieser schwierigen Lage gezeigt haben, dass Generationengerechtigkeit mehr als nur ein bloßes Schlagwort ist, sondern auch Maßstab für seriöse Politik. Aber die Renten-Haltelinie ist zu einer Grundsatzfrage geworden für die Sozialdemokraten, die dafür in anderen Punkten wesentliche Zugeständnisse machen mussten. Das gilt in der Rentenpolitik für Unions-Projekte wie die Aktiv- und Mütterrente, umfasst aber auch ganz wesentliche Bereiche wie die Eindämmung der Migration, die Abschaffung des Bürgergeldes oder auch eine Rückkehr zur wirtschaftlichen Vernunft in der Energiepolitik. Will ich nun bei einem – zugegeben keinesfalls kleinen – Punkt des Rentenpaketes auf der reinen Lehre bestehen und dafür die Regierungskoalition an die Wand fahren? Soll Deutschland in schwierigen innen- wie außenpolitischen Zeiten führungslos dastehen und unregierbar werden? Viele europäische Staaten durchleben gerade Regierungskrisen – ich glaube nicht, dass wir es als bisheriger Stabilitätsanker der EU darauf anlegen sollten, diesem Beispiel zu folgen. Ja, mit diesem Rentenpaket hat die Union eine kapitale Kröte zu schlucken. Aber sie muss es tun, um den Weg zu Stabilität und Erneuerung weiter fortzusetzen. Und weil alles andere verantwortungslos für Deutschland und Europa wäre.
Im Koalitionsausschuss hat die Union übrigens auch einige absolut positive Punkte herausverhandelt, die zwar nicht im Gesetzentwurf stehen, aber dennoch Gültigkeit haben. Die Rentenkommission wird noch in diesem Jahr (und damit früher) mit der Arbeit beginnen und zum Endes des zweiten Quartals 2026 Ergebnisse vorlegen. Bei der personellen Besetzung der Kommission wird die Junge Gruppe berücksichtigt. Die Fortentwicklung der privaten Altersvorsorge wird um unterstützende Maßnahmen mit Blick auf die junge Generation ergänzt. All dies wird noch im kommenden Jahr in ein Rentenpaket II münden. Auch wenn es sich nicht bestreiten lässt, dass es sinnvoller gewesen wäre, die Arbeit der Kommission der gesamten Gesetzgebung voranzustellen, ist der Kanzler mit diesem Verfahren im Wort bei der Jungen Gruppe und seiner Fraktion.
Sinnvolle Ergebnisse lieferte der Koalitionsausschuss auch bei der Mobilität: Wir wollen, dass Plug-In-Hybride, Elektrofahrzeuge mit Range-Extendern und hocheffiziente Verbrenner auch nach dem Jahr 2035 eine Option bleiben. Fördermaßnahmen bei Kauf oder Leasing von reinen Elektro- und Plug-In-Hybrid-Fahrzeugen sollen unbürokratisch ausgestaltet werden und sich speziell an Haushalte mit kleinem oder mittlerem Einkommen richten.
Ebenfalls auf den Weg gebracht haben wir einen „Bau-Turbo“, der die viel zu komplizierten Verfahren im Wohnungsbau strafft, entbürokratisiert und digitalisiert.
Stichwort „Bauen“ – mit der Freigabe für bundesweit 23 große Straßenbauprojekte durch Verkehrsminister Patrick Schnieder hat die Regierungskoalition in dieser Woche gezeigt, dass sie durchaus schnell und effektiv arbeiten kann. Für Schleswig-Holstein ist dies der endgültige Startschuss für den Weiterbau der A20. Der Streckenabschnitt Wittenborn – Wede – also die Umfahrung von Bad Segeberg – kann jetzt ausgeschrieben werden.
Auch wenn ich in diesem Bericht aus Berlin sehr viel – für einige vermutlich zu viel – Verständnis für die SPD aufgebracht habe, möchte ich zum Schluss eine Entwicklung ansprechen, für die mir wirklich jedes Verständnis fehlt. Wenn die Arbeitsministerin – nicht Arbeitnehmerministerin – Bärbel Bas erst beim Arbeitgebertag offen ausgelacht wird, dann bei den Jusos einen entschlossen Kampf gegen das deutsche Unternehmertum ankündigt und zum krönenden Abschluss einen Brandbrief von 15 Mittelstandsverbänden weitgehend ignoriert, macht mich das schlicht und einfach fassungslos. Glaubt diese Ministerin wirklich, dass man mit rhetorischem Klassenkampf die deutsche Wirtschaft zurück in die Spur bringt? Dabei ist der Zusammenhang sehr simpel: Die kleinen und mittleren Unternehmen sind das starke Rückgrat der deutschen Wirtschaft – und gerade diese Unternehmerinnen und Unternehmer sind es, die mit Mut und Ideen für Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze und gesunde Staatsfinanzen sorgen.
Viele Grüße aus Berlin!
