Der zuständige Generalanwalt Wathelet beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat gestern seine Schlussanträge im Vorlageverfahren Alimanovic gestellt und ausgeführt, dass einem EU-Ausländer deutsche Sozialleistungen nicht automatisch ohne individuelle Prüfung verweigert werden dürfen, wenn er zuvor bereits eine Beschäftigung in Deutschland ausgeübt hat.
Dazu erklärt Mark Helfrich, zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion im Ausschuss Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag:
„Der Generalanwalt hat grundsätzlich noch einmal klar gestellt, dass die Freizügigkeit in Europa nicht zu einer übermäßigen Belastung der Sozialsysteme führen darf.
Allerdings stehe ich seinem Vorschlag, EU-Ausländern, die in Deutschland eine Beschäftigung ausgeübt haben, unter bestimmten Voraussetzungen Sozialleistungen zu gewähren, ablehnend gegenüber. Hier schon eine kurze Beschäftigungszeit oder eine Schulausbildung von Kindern oder eine konkrete Beschäftigungssuche als Nachweis für eine tatsächliche Verbindung zum Aufnahmestaat genügen zu lassen, öffnet dem Sozialmissbrauch innerhalb der EU Tür und Tor. Denn so ist es Jedermann möglich, eine kurzfristig ausgeübte oder geringfügige Beschäftigung als dauerhafte Eintrittskarte in unsere Sozialsysteme zu missbrauchen.
Da die Schlussanträge des Generalanwalts für den EuGH nicht bindend sind, bleibt zu hoffen, dass der EuGH in seiner nun bevorstehenden Entscheidung Verantwortungsbewusstsein zeigt und dem Plädoyer des Generalanwalts nicht folgt. Anderenfalls würde der EuGH der Freizügigkeit in Europa einen Bärendienst erweisen. Denn die Akzeptanz der Freizügigkeit in Europa würde hierzulande drastisch schwinden, wenn jeder EU-Bürger nach kürzester Beschäftigungszeit einen Anspruch auf Sozialleistungen in unserem Land erwirbt. Freizügigkeit bedeutet nicht, sich das beste Sozialsystem innerhalb Europas aussuchen zu können.
Nach dem Vorliegen des Urteils des EuGH wird zügig zu prüfen sein, ob die Ausschlusstatbestände im deutschen Sozialrecht entsprechend anzupassen sind, um auch künftig einen Missbrauch der Arbeitnehmer-Freizügigkeit wirksam zu verhindern“.