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nach zum Glück absolut glimpflich überstandener Corona-Infektion melde ich mich in dieser Sitzungswoche wieder direkt aus Berlin. Hier stehen alle Beratungen ganz im Zeichen des ersten Entwurfs der neuen Regierung für den Bundeshaushalt 2022. Um es kurz und knapp zu sagen: Das Zahlenwerk, das die Ampel vorlegt, ist eigentlich bereits Makulatur. Auf den ersten Blick scheint dabei alles noch fast nach Plan zu laufen. Bei einem Gesamtvolumen von 457,6 Milliarden Euro bleibt die durch Corona ausgelöste Neuverschuldung knapp unter der von Finanzminister Christian Lindner angekündigten Marke von 100 Milliarden Euro. Alles gut also, die Rückkehr zur Schuldenbremse in Sicht? Mitnichten! In der vereinfachten Übersicht fehlen die 60 Milliarden, die aus nicht verwendeten Corona-Mitteln mal eben für den Klima- und Transformationsfond abgezweigt wurden. Es fehlen aber auch die 100 Milliarden Euro Sondervermögen für die grundlegende Sanierung der Bundeswehr. Nicht zuletzt fehlt aber auch weitgehend, was durch den Krieg in der Ukraine auf uns zukommt, angefangen von direkter Unterstützung für das Land über die Unterbringung von Flüchtlingen bis zu Entlastungen für explodierende Energiepreise.
Zugegeben, dass eine Pandemie auf einen Krieg in Europa trifft, war nicht absehbar. Jede verantwortungsbewusste Regierung hätte angesichts dieser mehr als außergewöhnlichen Belastung ohne zu zögern eine zeitweilige Abkehr von der Schuldenbremse planen müssen. Wer würde glauben, dass eine unionsgeführte Regierung in dieser Situation so eisern wie erfolgreich zur „schwarzen Null“ der ausgeglichen Haushalte gestanden hätte? Niemand – und das völlig zu Recht.
Im Fall der Ampel rächt sich jetzt allerdings, dass bereits der Koalitionsvertrag ein Wunschkonzert von unterschiedlichsten Interessen und teuren Wählerbeglückungen war. Da treffen gewaltige Mehrausgaben für Klima und den sozialen Bereich auf kaum vorhandene Haushaltsdisziplin – und über allem schwebt das strikte Veto der FDP zu Steuererhöhungen. Das kann nicht funktionieren und es wird nicht funktionieren. Zumal es in fast allen Bereichen bereits wieder unterschiedliche Fliehkräfte und Absetzbewegungen gibt. Die SPD hinterfragt intern längst das so dringend notwendige Sondervermögen für die Bundeswehr. Die grüne Basis fremdelt mit ihrem Minister Habeck, der bei autoritär regierenden Scheichs neue Lieferquellen für dringend benötigte fossile Brennstoffe erschließen will. Von der FDP kommen eigentlich kaum zielführend Vorschläge – Hauptsache alle Coronamaßnahmen enden und die Steuern werden nicht erhöht.
Was fehlt, ist ein klarer Kurs, ein Setzen von Schwerpunkten und vor allem eine Aussage zur Finanzierbarkeit. Ehrlich wäre es zu sagen, wo gespart werden kann und muss. Ehrlich wäre es aber auch, die – leider schon zu Merkels Zeiten – vor uns her geschobenen Problembereiche des Haushaltes endlich in Angriff zu nehmen. Im aktuellen Entwurf erreicht die Zuführung an die Rentenkasse mit 107,7 Milliarden Euro einen neuen spektakulären Höchstwert. Das heißt, fast ein Viertel unseres gesamten Steueraufkommens fließt in die Stabilisierung der Renten – Tendenz steigend. Diese Zahlen verdeutlichen den Handlungsbedarf. Wir brauchen grundlegende Reformen und eine gemeinsame Anstrengung, um als Staat finanziell handlungsfähig zu bleiben und in Zukunftsfelder investieren zu können.
Apropos weitere Milliarden, die aus dem Haushalt kommen – das Entlastungspaket der Ampel, das gestern vorgestellt wurde und auf das sicherlich viele Bürger und die Wirtschaft dringend gewartet haben, ist für mich eine Mogelpackung und ein Bürokratiemonster. Das verkündete Energiegeld für alle Einkommenssteuerpflichtigen in Höhe von 300 Euro klingt erst einmal gut. Aber – auf Drängen der SPD und der Grünen – soll die Auszahlung über die Lohnabrechnung des Arbeitgebers beziehungsweise des Dienstherrn erfolgen. Damit unterliegt es in jedem Fall der Einkommensteuer. Da das Energiegeld über den Arbeitgeber auf das Bruttogehalt mit ausgezahlt wird, werden darauf normalerweise auch Sozialabgaben fällig, die dann der Arbeitgeber zu zahlen hätte. Wie die Ampel-Regierung in diesen Zeiten unsere Unternehmen noch zusätzlich belasten kann, ist mir völlig schleierhaft. Viele energieintensive mittelständische Unternehmen stehen angesichts hoher Energiepreise vor dem Aus. Diese werden in dem Paket ebenso wie Rentnerinnen und Rentner gar nicht berücksichtigt, obwohl sie genauso unter steigenden Energiepreisen leiden. Eine weitere Folge dieser Regelung wäre, dass auch Beschäftigte, die bisher keine Steuererklärung machen mussten, in eine Pflichtveranlagung rutschen. Alles in allem verursacht diese Regelung bei Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Selbstständigen viel zu viel Bürokratie und ist vor allem skandalös gegenüber den Rentnern in diesem Land.
Von der ebenfalls angekündigten dreimonatigen Kraftstoffpreissenkung, die sich aus der Senkung der Energiesteuer auf Sprit ergibt, profitieren zwar alle. Allein diese auf Sprit zu beschränken, reicht allerdings nicht aus. Die Union fordert hier seit Wochen eine Absenkung der Energiesteuer auf Gas, Erdöl und Strom. Geplant sind zudem ein 90 Tage ÖPNV-Ticket für 9 Euro pro Monat sowie ein Einmalbonus für jedes Kind ergänzend zum Kindergeld in Höhe von 100 Euro. Auch sollen Empfänger von Sozialleistungen eine zusätzliche Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro erhalten. Alles in allem ist dieses Entlastungspaket der kleinste gemeinsame Nenner der Koalitionsparteien. Es besteht aus einem Sammelsurium einzelner Maßnahmen und lässt eine Gesamtstrategie mit Weitblick völlig vermissen.
Eine Haushaltswoche ist eine Haushaltwoche. Dass mit dem Gesetz zu Füllstandsvorgaben für Gasspeicher ausnahmsweise ein Thema abseits der Zahlen auf der Tagesordnung steht, zeigt die besondere Bedeutung des Vorhabens. Wie inzwischen auch die gesamte EU wollen wir Vorsorge tragen, nicht noch einmal ohne ausreichende Gasvorräte – und damit abhängig von Russland – in den Winter zu gehen.
Das bringt mich zu einem Thema, das kontrovers diskutiert wird und bei dem auch bei mir zwei Seelen in meiner Brust wohnen. Sollen wir alle Energielieferungen aus Russland mit einem kompletten Embargo belegen? Mein Herz sagt spontan „Ja“, wenn ich die Bilder vom Krieg und Leid in der Ukraine in den Nachrichten sehe. Mein Kopf sagt mir allerdings etwas anderes: Noch ist unsere Wirtschaft, sind wir alle abhängig von Öl und Gas aus Russland. Ein Embargo würde uns selbst vermutlich stärker treffen als Putin. Mich erinnert die Situation an einen Boxer, der eine wilde Attacke startet und sich von einem taktisch versierten Gegner einen Konter einfängt, der ihn auf die Bretter schickt. Der Boxer war mutig – aber er hat den Kampf verloren. Wir erreichen mehr, wenn wir unsere Abhängigkeit von Russland gezielt reduzieren, die Importe Schritt für Schritt zurückfahren und Putin damit keine Vorlage für die nächste Eskalationsstufe liefern. Das wird nicht von heute auf morgen gehen, aber deutlich schneller als erwartet. Um auf mein Bild vom Boxkampf zurückzukommen: Auch wenn das Herz etwas anderes sagt, sollten wir selbst der kühl kalkulierende, taktisch versierte Gegner sein – und den Kampf gewinnen. Dafür braucht es jedoch ein deutliches MEHR an deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine, sei es aus Bundeswehrbeständen oder aber indem der Bund diese direkt bei den Lieferanten der Bundeswehr einkauft. Immerhin ist Deutschland der viertgrößte Waffenlieferant der Welt, trotzdem liefert das kleine Dänemark mehr Waffen als wir. Nur wenn sich die Ukraine weiter verteidigen kann, besteht eine kleine Chance, Putin in Gesprächen zu einer diplomatischen Lösung zu bewegen.
In seinem Bericht an die Bundestagsfraktion, der weiter unten zum Download bereitsteht, stellt der Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz, MdB, folgende Themen in den Mittelpunkt:
- Ein mutiger ukrainischer Präsident, ein schweigender Bundeskanzler
- Haushalt zwingt in die Realität
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