in den vergangenen Wochen seit der vorgezogenen Bundestagswahl ist in Berlin unheimlich viel passiert. Die sozialen wie klassischen Medien sind seitdem voll von verkürzten Darstellungen, polarisierenden Meinungen und aufgebrachten Kommentaren meist zu Verhandlungs-ZWISCHENSTÄNDEN – erst zur kleinen Einigung mit der SPD, dann zum Sondierungspapier und seit kurzem auch zur erweiterten Verständigung mit den Grünen. Auch ich habe in den vergangenen Tagen eine ganze Reihe an Zuschriften zu diesen Verhandlungen erhalten. Von emotional aufgeladenen Beschimpfungen bis zu großer inhaltlicher Zustimmung war wirklich alles dabei! Schaut man etwas objektiver auf das Verhandlungsergebnis zur Schuldenbremse befürwortet laut einer Forsa-Umfrage vom 05.03. eine überwältigende Mehrheit der Deutschen von 71% die Änderung zum Thema Verteidigung bzw. 76% das Sondervermögen für die Infrastruktur. Die Befürwortung von Unionsanhängern liegt sogar bei 90% bzw. 91%. Die Ablehnung kommt überwiegend von Parteianhängern der Linken und AfD.
Ich möchte Euch und Sie an dieser Stelle herzlich bitten, die offiziell veröffentlichten und hier angefügten Papiere (erste Einigung mit der SPD zur Grundgesetzänderung, Kompromiss mit Grünen und SPD zur Grundgesetzänderung, Sondierungspapier mit der SPD) selbst zu lesen und sich nicht allein auf die Darstellung Dritter zu verlassen. So wurde zum Beispiel die Grundgesetzänderung in Artikel 143h – eine finanzverfassungsrechtliche Zweckbindung von 100 Mrd. für die Klimaneutralität 2045 – aus interessierten Kreisen zur Einführung eines neuen Staatsziels hochstilisiert. Schaut man hier ein paar Jahre in die Vergangenheit, so wurde bereits 1994 „der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen“ und damit auch der Klimaschutz in den Artikel 20a des Grundgesetzes aufgenommen. Und das Bundesverfassungsgericht hat 2021 in seinem Urteil zum Klimaschutzgesetz auch ohne Erwähnung des Begriffes Klimaneutralität im Grundgesetz den Gesetzgeber maximal verpflichtet.
Ich möchte den heutigen Bericht aus Berlin allerdings hauptsächlich nutzen, um meine persönliche Entscheidung zur heutigen Grundgesetzänderung Ihnen und Euch möglichst sachlich darzustellen. Und so kommt der Newsletter ausnahmsweise mal nicht am Freitag zum Ende einer Sitzungswoche, sondern schon zu Beginn der Woche direkt nach dieser bedeutenden Entscheidung im Deutschen Bundestag:
Schon zu Beginn des Wahlkampfes haben wir als CDU mit unserem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz klar kommuniziert, dass wir in der aktuellen Situation keine Notwendigkeit sehen, die Schuldenbremse ABZUSCHAFFEN. Im November vergangenen Jahres konkretisierte Friedrich Merz diese Aussage und sagte: „Selbstverständlich kann man das reformieren, die Frage ist, wozu, mit welchem Zweck, was ist das Ergebnis einer solchen Reform? Ist das Ergebnis, dass wir noch mehr Geld ausgeben für Konsum und Sozialpolitik, dann ist die Antwort: Nein. Ist es wichtig für Investitionen, ist es wichtig für Fortschritt, ist es wichtig für die Lebensgrundlage unserer Kinder? Dann kann die Antwort eine andere sein“. Friedrich Merz hatte im Wahlkampf an anderer Stelle dazu auch erklärt, man könne „über alles reden“ – „aber das kommt sicher nicht am Anfang“.
Wir wollten damals wie heute eine solche Reform nicht an den Beginn einer Regierungsbildung stellen und auch keinen weiteren Ausbau des Sozialstaats durch neue Schulden ermöglichen. Beim Zeitpunkt haben uns eine völlig aus den Angeln geratene Weltlage und auch das Votum der Bürgerinnen und Bürger einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dass das neue Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität sowie die Nichtanrechnung von zusätzlichen Verteidigungsausgaben auf die Schuldenbremse keinen Verschiebebahnhof und damit Spielraum für neue Konsumausgaben ermöglicht, dafür haben wir gesorgt.
Wir alle wussten schon aus der ersten Amtszeit von Donald Trump, dass er als Präsident der USA sprunghaft bis unberechenbar ist. Doch dieser fundamentale Kurswechsel innerhalb weniger Wochen nicht nur gegenüber der Ukraine, sondern auch gegenüber ganz Europa war nicht vorhersehbar. Welchen Eindruck soll dieser eiskalte „Dealmaker“ von uns als Verhandlungspartner auf einem der bevorstehenden internationalen Gipfel bekommen?
Nur wenn wir Europäer jetzt geschlossen und handlungsbereit sind, können wir mit den USA auf Augenhöhe diskutieren und verhandeln! Die Geschlossenheit Europas gegenüber dem russischen Säbelrasseln ist zum Glück aktuell kein strittiges Thema. Doch besonders die deutsche Handlungsunfähigkeit für die notwendigen und kurzfristigen Investitionen in unsere Sicherheit und Verteidigung hätten uns zum Verhängnis werden können.
Mit den neuen Kräfteverhältnissen im 21. Deutschen Bundestag wären solche Änderungen – mit der erforderlichen 2/3-Mehrheit – nicht mehr ohne die Zustimmung von Linken oder AfD möglich gewesen. Dass der noch bestehende Bundestag nach der Wahl aber noch vor Konstituierung erneut zusammenkommt, um dringende Entscheidungen zu fällen, ist nicht neu. Zur Rechtmäßigkeit dieser letzten Abstimmung des 20. Bundestages hat das Bundesverfassungsgericht klar Stellung bezogen und die Klagen von Linken und AfD abgewiesen. Damit Putins Handlanger von ganz links und rechts keinen Einfluss auf die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands bekommen, mussten wir jetzt handeln und konnten nicht mehr länger warten. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses entschlossene Handeln notwendig war für die sichere Zukunft Deutschlands und auch Europas.
Neben diesem ersten sehr zeitkritischen Kompromiss stehen wir erst ganz am Anfang intensiver Koalitionsverhandlungen mit der SPD. Ich freue mich als einer von sechs schleswig-holsteinischen Parteifreunden – in meinem Fall in der Arbeitsgruppe Energie und Klima – mitverhandeln zu dürfen. Alle Unions-Verhandler in den Arbeitsgruppen werden so viel wie möglich für uns rausholen und um jedes gegebene Wahlversprechen der Union kämpfen. Sobald wir die offiziellen Ergebnisse veröffentlichen können, werde ich dazu berichten.
Es grüßt Sie und Euch recht herzlich