„Ehe für alle“ – persönliche Erklärung

Persönliche Erklärung zur Abstimmung gem. § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages: Zweite und dritte Beratung des Gesetzentwurfs des Bundesrates zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (BT-Drs. 18/6665)

 

Menschen, die sich lieben und dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen, die einander Stabilität und Halt geben wollen, verdienen Anerkennung und Wertschätzung, unabhängig davon, ob sie gleich- oder verschiedengeschlechtlich sind. Ihnen gebührt die Unterstützung der Gesellschaft und des Staates. Ausdruck dieses Verständnisses war die Einführung des Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Dessen Rechte und Pflichten wurden in den vergangenen 15 Jahren kontinuierlich erweitert und an das Institut der Ehe angeglichen. Auch in dieser Legislaturperiode hat der Gesetzgeber diesen Weg weiter beschritten. So wurde zu Beginn der Legislaturperiode die sogenannte Sukzessivadoption für Lebenspartner gesetzlich geregelt sowie Unterschiede in der Behandlung von Ehe- und Lebenspartnern in zahlreichen Einzelgesetzen beseitigt. Somit sind Ehe- und Lebenspartnerschaft heutzutage in der gesetzlichen Ausgestaltung – bis auf die gemeinschaftliche Adoption und den Begriff des Instituts – gleichgestellt.

Mit den Gesetzentwürfen wird § 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuches um eine Definition der Ehe ergänzt, die vorsieht, dass auch gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen können. Persönlich würde ich eine Grundgesetzänderung befürworten. Sowohl im Rechtsausschuss als auch in der Wissenschaft ist die Frage nicht abschließend einhellig beantwortet, ob die „Eheöffnung“ eine Änderung des Artikels 6 Abs. 1 Grundgesetz voraussetzt. Die öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss, die sich in dieser Legislaturperiode ebenfalls mit der Notwendigkeit einer Verfassungsänderung bezüglich der „Eheöffnung“ intensiv beschäftigt hat, ergab keine eindeutige Stellungnahme der sachverständigen Verfassungsrechtler.

Vor dem Hintergrund der geschilderten Uneinigkeit der verfassungsrechtlichen Bewertungen und der gesellschaftspolitischen Bedeutung würde ich ein Gesetz bevorzugen, das zweifellos einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhält.

Durch meine Zustimmung zum Gesetzentwurf des Bundesrates erkenne ich den gesellschaftlichen Wandel in dieser Frage sowie den persönlichen Wunsch gleichgeschlechtlicher Paare nach einer formalen rechtlichen Gleichstellung an.

Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geht die Gleichstellung Homosexueller bei der Adoption einher. Das einzig entscheidende Kriterium ist hier das Kindeswohl. Wichtig ist, dass im Einzelfall aus der allein entscheidenden Perspektive des Kindeswohls das Jugendamt bei seiner Auswahlentscheidung darauf Rücksicht nimmt, ob dem Kind Mutter und Vater vermittelt werden oder zwei Personen gleichen Geschlechts. Hier gilt der Grundsatz: der zweite Vater ersetzt nicht die Mutter, die zweite Mutter nicht den Vater. Andere Aspekte wie vor allem eine Vorbeziehung (z.B. als langjähriges Pflegekind oder aufgrund Verwandtschaft) können aber im Einzelfall auch aus der Kindeswohlperspektive ein anderes Ergebnis begründen.

Berlin, den 29.06.2017

Mark Helfrich